Neues
Rechnungslegungsrecht und Archivierungspflicht
Adieu Archiv – hallo Computer?
Die Buchführungspflicht für Unternehmen
enthält die Pflicht zur Archivierung der Buchhaltungsunterlagen für eine
Dauer von mindestens 10 Jahren. Das neue Rechnungslegungsrecht bringt
dazu wichtige Veränderungen und grundsätzlich auch wichtige
Vereinfachungen. Es stellt sich nur die Frage, ob sie auch praktikabel
sind.
Der Gesetzgeber hat festgestellt, dass die
Pflicht zur rechtskonformen Aufbewahrung von Geschäftskorrespondenz für
viele Unternehmen eine kaum zu bewältigende Herausforderung darstellt,
denn insbesondere für die Aufbewahrung von Emails gibt es kaum
bezahlbare und benutzerfreundliche Lösungen. Im neuen Artikel 958f OR
und in der Verordnung über die Führung und Aufbewahrung der
Geschäftsbücher (GeBüV Stand per 1. Januar 2013) wurde die Pflicht zur
Aufbewahrung der Geschäftskorrespondenz ersatzlos gestrichen. Das
Bundesamt für Justiz teilte dazu in der Medienmitteilung vom 22.
November 2012 mit: „Die Geschäftskorrespondenz hingegen muss –
allfällige spezialrechtliche Bestimmungen vorbehalten – nur noch
aufbewahrt werden, wenn sie die Funktion eines Buchungsbelegs hat.“
In der praktischen Anwendung bedeutet dies,
dass seit 1. Januar 2013 auf die Aufbewahrung von Emails und sonstiger
Geschäftskorrespondenz weitestgehend verzichtet werden kann. Die
Aufbewahrung von als Buchungsbeleg verwendeter Korrespondenz bleibt sich
vorerst gleich. Bei vielen KMU wird das neue Gesetz damit wohl eher
einem Nachvollzug der Realität als einer tatsächlichen Vereinfachung
gleichkommen.
Die elektronische Aufbewahrung in der
Praxis
Bereits seit dem Jahr 2002 bietet der
Gesetzgeber die Möglichkeit der Aufbewahrung aller
Buchhaltungsunterlagen in elektronischer Form. Was auf den ersten Blick
nach einer grossen Vereinfachung und vor allem Platzeinsparung tönt,
wird in der GeBüV mit einschneidenden Einschränkungen wieder
relativiert. So müssen beim Entscheid zur Umstellung auf die
elektronische Datenaufbewahrung folgende Vorgaben beachtet werden:
-
Im Rahmen des Einsichtsrechts muss die
Möglichkeit bestehen, die Geschäftsbücher auf Begehren einer
berechtigten Person auch ohne Hilfsmittel lesbar zu machen.
-
Zur Aufbewahrung von Unterlagen sind
unveränderbare Informationsträger, namentlich Papier, Bildträger und
unveränderbare Datenträger zulässig.
-
Nur mit grossen Auflagen ist die
Aufbewahrung auf veränderbaren Informationsträgern erlaubt, dabei
gelten Informationsträger als veränderbar, wenn die auf ihnen
gespeicherten Informationen geändert oder gelöscht werden können,
ohne dass die Änderung oder Löschung auf dem Datenträger nachweisbar
ist.
-
Die Informationsträger sind regelmässig
auf ihre Integrität und Lesbarkeit zu prüfen.
In der Praxis haben vor allem wegen
fehlender preiswerter und nicht veränderbarer Speichermedien erst
grössere Unternehmen auf eine elektronische Archivierung umgestellt.
Dabei wird mit vollintegrierten Buchhaltungs-Lösungen (z.B. SAP) und
grossen IT-Abteilungen (welche die Datensicherheit garantieren können)
gearbeitet. Im KMU-Bereich wird, dank stets günstiger werdenden
Speichermedien, der Wechsel auf eine elektronische Datenaufbewahrung
immer interessanter.
Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen
in Papierform
Bei einer allfälligen Umstellung auf die
elektronische Datenablage müssen die Jahresrechnung (bestehend aus
Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang) sowie ein allfälliger
Revisionsstellenbericht weiterhin im Original und unterzeichnet für
mindestens 10 Jahre archiviert werden.
Fazit
Auch mit der Aufhebung der
Archivierungspflicht für die Geschäftskorrespondenz kann dem Archiv noch
lange nicht „Adieu“ gesagt werden. Der Gesetzgeber hat aber
Möglichkeiten geschaffen, den grossen „Papierstau“ aufzulösen und
alternative Archivformen anzuwenden. Zu empfehlen ist aber nach wie vor
eine genaue Prüfung und Kostenabwägung vor einem allfälligen Entscheid
zugunsten der elektronischen Ablage. Manchmal kommt die Zumietung der
Garage des Nachbarn als Archiv nämlich immer noch günstiger als die
Einhaltung aller verlangten Normen!
.
|