Region Basel / Themen 2011
  
 

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Ein Gespräch mit:

Stephan Stauber
Leiter Steuerverwaltung
Basel-Stadt

und

Peter B. Nefzger
Leiter Steuerverwaltung Basel-Landschaft

 

 

    

  Ein Gespräch mit den Spitzen der Steuerverwaltungen von Basel-Stadt und Baselland

Auf dem Weg zu mehr Kundenfreundlichkeit

Wir haben die Chefs der Steuerverwaltungen der Kantone Basel-Stadt – Stephan Stauber – und Basel-Landschaft – Peter B. Nefzger – zu aktuellen Fragen und Trends in der Besteuerung befragt. Deutlich wird, dass in beiden Kantonen der Wille zu einer kundenfreundlichen und zeitgemässen Durchfüh­rung besteht, die Differenzen recht klein und grössere Umwälzungen eher unwahrscheinlich sind.

 

 
 

In gutem gegenseitigem Einvernehmen: unsere beiden Gesprächspartner. Stephan Stauber, Leiter Steuerverwaltung Basel-Stadt (links) und Peter B. Nefzger, Leiter Steuerverwaltung Basel-Landschaft.

 

Treuhand-Kammer: Im Dotcom-Zeitalter werden immer mehr Dinge des täglichen Lebens am Bildschirm erledigt. Im Ausland sind elektronische Steuererklärungen gang und gäbe. Und auch einige Kantone haben sie schon eingeführt. In den beiden Basel kann man die Deklarationsformulare seit längerer Zeit elektronisch ausfüllen. Dann muss man sie aber ausdrucken und im dicken Couvert per Post einreichen. Wann wird ein Mausklick reichen?


Stephan Stauber
Steuerverwaltung Basel-Stadt:

Die elektronische Einreichung der Steuererklärung ist auf 2012 oder 2013 geplant. Da die Zertifizierung der elektronischen Unterschrift aber nach wie vor sehr teuer ist und wir aus rechtlichen Gründen eine Unterschrift der Steuerpflichtigen brauchen, wird es trotz der elektronischen Einrei­chung erforderlich sein, die E-Version mit einem Unterschriftenblatt zu bestätigen und zusammen mit den notwendigen Belegen per Post zu schicken.


Und im Kanton Baselland? Wie steht es dort mit dem E-Government?


Peter B. Nefzger
Steuerverwaltung Basel-Landschaft:

Wir haben erst kürzlich die E-Rechnung eingeführt. Sie steht den natürlichen Personen als neue Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung. Damit werden Steuerrechnungen schnell und zuverlässig elektronisch zugestellt und man kann sie mit wenigen Mausklicks bezahlen. Näheres findet man unter www.e­rechnung.bl.ch.  Mahnungen und andere Korrespondenz werden aber weiterhin per Post zuge­stellt. Ebenso sind Einsprachen gegen Ver­anlagungsverfügungen immer noch schrift- lich per Post bei der Steuerverwaltung einzureichen. Als Nächstes werden diesen Frühling die E-Fristen eingeführt und für 2012 ist die Lancierung der E-Steuererklärung geplant. Wir rüsten uns also für das elektronische Zeitalter.


Erleichterungen für den Steuerzahler


Sind im Sektor Kundenpflege weitere orga­nisatorische Neuerungen in Vorbereitung? Erleichterungen, von denen sich der geplagte Steuerzahler erhoffen kann, dass sie die oft als Stress empfundene Abwicklung der jährlichen Steuerangelegenheiten ein wenig geschmeidiger und bequemer machen?


BL: Obwohl es bei den doch ziemlich komplexen Regelungen des Steuergesetzes nicht einfach ist, die jährlichen Steuerangelegenheiten bequem zu gestalten, suchen wir stets nach solchen Möglichkeiten. Neben den erwähnten elektronischen Neuerungen haben wir die Fristenregelung kundenfreundlicher gestaltet. Ab 2011 gilt für Selbständigerwerbende eine bis 30. Juni verlängerte Einreichungsfrist. Zudem sind die Fristerstreckungen neu geregelt. Die ersten Verlängerungen um bis zu zwei Monate werden stillschweigend gewährt. Dafür sind also keine Gesuche mehr einzureichen; sie werden auch nicht bearbeitet oder bestätigt.

BS: Unsere Baltax-Software für das elektronische Ausfüllen der Steuererklärung wird laufend verbessert, um den Anwendern die Arbeit zu erleichtern. Als Nächstes wird die Möglichkeit der elektronischen Fristverlängerung eingeführt. Geprüft wird zudem die elektronische Bezahlung der Steuern.


Steueramnestie wirft keine grossen Wellen


Ab 2010 gelten in der ganzen Schweiz die Regelungen der «kleinen Steueramnestie» für die straflose Selbstanzeige. Wer bisher dies oder jenes vor dem Fiskus versteckt hat, kann neuerdings – wenn auch nur einmal im Leben – ohne eine Busse zahlen zu müssen, die Sache ins Lot bringen, indem er die Steuerverwaltung kontaktiert und die unbezahlt gebliebenen Steuern samt Verzugszinsen nachzahlt. Wie populär ist diese Möglichkeit und wie hoch ist derzeit der steuerliche Mehrertrag aus den Selbstanzeigen?


BL: Bis Ende Januar 2011 sind 370 straflose Selbstanzeigen eingegangen. Mehr als 180 Fälle sind bereits erledigt: Es wurden Vermögenswerte mit einem Volumen von über 56 Mio. Franken nachdeklariert. Das ergab bei der Staatssteuer einen einmaligen zusätzlichen Ertrag von rund 3,4 Mio. Franken. Hinzu kommen die Gemeinde- und Bundessteuern. Wir schätzen den nachhaltigen Ertrag aufgrund der bisher abgerechneten Fälle auf weniger als 1 Mio. Franken pro Jahr. Eine verlässliche Prognose der künftigen Entwicklung ist schwierig. Kommen noch Selbstanzeigen mit grossen Vermögen hinzu? Oder flaut das Ganze ab? Wir wissen es nicht. Aufgrund der bisherigen Volumina wäre es sicher übertrieben, die kleine Steueramnestie bei uns als eine Riesensache zu deuten. Das spricht vielleicht aber auch für die Steuermoral in unserem Kanton.


BS: In 2010 haben rund 300 Personen eine straflose Selbstanzeige eingereicht, was zu Steuereinnahmen von rund 11 Mio. Franken geführt hat. Zurzeit ist noch völlig ungewiss, ob der Trend der Selbstanzeigen auch in Zukunft andauern wird.


Pauschalierte Berufskosten?


Der grösste Teil der Steuerpflichtigen sind Lohnempfänger. Bei ihnen stellen sich immer wieder knifflige Fragen der steuerlichen Abziehbarkeit einzelner Berufskosten: des Transports zur Arbeitsstätte, der auswärtigen Verpflegung, der berufsbedingten Weiterbil­dung, des häuslichen Arbeitszimmers usw. Der Kanton Basel-Stadt hat vor drei Jahren eine umfassende Berufskostenpauschale von 4000 Franken eingeführt. Wer etwas anderes durchsetzen will, bereitet sich besser auf grössere Auseinandersetzungen mit der Steuerverwaltung vor. Was sind die bisherigen Erfahrungen mit dieser Pauschale?


BS: Die Pauschale hat sich auf Kantonsebe­ne bewährt, weil sie das Ausfüllen und Kon­trollieren der Steuererklärung erleichtert. Für die direkte Bundessteuer müssen die Berufskosten nach wie vor mit dem Formular Berufsauslagen geltend gemacht werden. Der Nachweis von höheren effektiven Berufsauslagen bleibt aber beim Kanton nach wie vor möglich und führt zu keinen grösseren Auseinandersetzungen, wenn die erforderlichen Belege eingereicht werden.


Wird im Kanton Baselland etwas Ähnliches erwogen?


BL: Im Januar hat der Landrat einen Gegenvorschlag zur Verfassungsinitiative «Einfachere Steuern im Baselbiet» beschlossen. Dieser verlangt, dass das Steuergesetz einfach, leicht verständlich und nachvollziehbar auszugestalten ist und das Ausfüllen der Steuererklärung wenig Zeit und ihre Überprüfung wenig Kontrollaufwand erfordert. Ich bezweifle nicht, dass dieser Auftrag vom Volk angenommen wird. Es wird dann Aufgabe der Steuerverwaltung sein, das Verein­fachungspotential in der Baselbieter Steuergesetzgebung auszuloten und dem Regierungsrat Vorschläge zu unterbreiten. Welche Pauschalen oder Massnahmen zur Vereinfachung letztendlich eingeführt werden, wird anschliessend im Gesetzgebungsverfahren entschieden werden müssen.


Steuer-Mathematik


Früher ist es weltweit üblich gewesen, bei der Einkommenssteuer mit progressiven Steuertarifen zu arbeiten nach dem Prinzip «je höher das Einkommen, desto höher der Steuersatz». Das hat zu komplizierten Tarif- Formeln geführt. Kaum jemand hat noch genau sagen können, wie viel Prozent seines Einkommens er an den Fiskus abliefern muss. Der neue internationale Trend ist die so genannte Flat Rate Tax: Für alle gilt ein einziger linearer Steuersatz, der leicht im Kopf behalten werden kann. Sozialpolitisch gebotene Abstufungen der Steuerlast werden bei unteren Einkommensschichten über Sozialabzüge erwirkt. Der Kanton Basel-Stadt geht in diese Richtung und kennt seit drei Jahren nur noch zwei Steuersätze. Ist abzusehen, dass es in Zukunft sogar ein einziger sein könnte?


BS: Die mit der Steuergesetzrevision 2008 eingeführten zwei Steuersätze mit der Be­freiung des Existenzminimums haben sich bewährt. Zwei Sätze sind sinnvoll, damit die Verfassungsvorgabe der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfüllt werden kann. Ein Wechsel zu einem Einheitssatz steht zurzeit nicht zur Diskussion.


Gibt es Anhaltspunkte, dass auch der Kanton Baselland diesem Trend folgen könnte? Dort gibt es ja die Besonderheit, dass die Tarif-Formel im Steuergesetz eine logarithmische Funktion ist (logarithmus naturalis). Die Formel liefert eine höchst elegante Tarifkurve. Allerdings: Wer nicht stark in Mathe ist, muss wahrscheinlich einen Gymnasias­ten konsultieren, wenn kontrolliert werden soll, ob die Steuerrechnung gesetzeskonform ist. Gibt es damit in der Praxis irgendwelche Schwierigkeiten?


BL: Wir haben mit unserem Tarif, wie er im Steuergesetz abgebildet ist, keine Schwie­rigkeiten. Warum? Einerseits werden unsere Kunden jährlich mit einer Tabelle mit Steu­erbeträgen bedient und andererseits lassen sich geschuldete Steuern leicht mit unserer EasyTax-Software oder dem Steuerrechner auf unserer Homepage berechnen. Hinzu kommt, dass selbst der geübte Gymnasiast durch Anwendung der logarithmischen Tarif-Formel noch nicht zum richtigen Resultat gelangt. Er müsste nämlich berücksichtigen, dass wir den Steuertarif jährlich der Teuerung anpassen und so die kalte Progression ausgleichen.


Chance für duale Systeme?

Es gibt einen weiteren globalen Trend in der Einkommensbesteuerung: Das gesamte Ein­kommen (aus welcher Quelle auch immer) wird nicht mehr in einen gemeinsamen Topf geworfen. Vielmehr werden zum Beispiel die Vermögenserträge separat besteuert zu einem speziellen Steuersatz. Das nennt sich Dual System und wird in Skandinavien, Holland, Deutschland, Österreich und vielen anderen Ländern praktiziert. In der Schweiz geht der Kanton Nidwalden bereits ein wenig in diese Richtung, indem er Erträge aus beweglichem Vermögen bloss zu 80% anrechnet. Werden derartige Modelle auch schon in den beiden Basel diskutiert?


BL: Wir verfolgen die Entwicklungen mit grosser Aufmerksamkeit und diskutieren hin und wieder auch alternative Modelle. Allerdings ist hier das Steuerharmonisie­rungsgesetz (StHG) zu beachten. Solange es vom Bundesgesetzgeber nicht geändert wird und nicht die Voraussetzungen für ein neues Steuersystem geschaffen werden, ist auf kantonaler Ebene kein grosser Wurf möglich.


BS: Aus unserer Perspektive sieht es ähnlich aus. Eine duale Besteuerung gewisser Einkünfte würde gegen das StHG verstossen, weshalb sie ohne Änderung des Rahmengesetzes durch den Bundesgesetzgeber zurzeit kein Thema ist. Zu erwarten ist, dass das Bundesgericht bei einer Klage gegen die duale Besteuerung die StHG-widrige Norm aufheben würde.


Pro und kontra Quellenbesteuerung


Wird allgemein über einen vermehrten Einsatz der Quellenbesteuerung nachgedacht? Manche Leute wären vielleicht froh, wenn der Arbeitgeber bei der Lohnauszahlung neben den AHV-Beiträgen auch schon etwas für die Einkommenssteuer abziehen würde. So liessen sich die Steuerpflichten zum grössten Teil laufend erledigen und man müsste nicht im Nachhinein aufs Mal einen Riesenbetrag zahlen. Wahrscheinlich wäre auch der Fiskus froh um laufende Geldeingänge.


BS: Das StHG verlangt für die ordentliche Besteuerung die Selbstdeklaration des gesamten Einkommens und sieht die Quel­lenbesteuerung nur für besondere Fälle vor. Eine Quellenbesteuerung würde die steu­erpflichtigen Personen nicht davon ent­binden, nachträglich eine Steuererklärung einzureichen, damit den individuellen Verhältnissen Rechnung getragen werden kann, denn die Quellensteuertarife müssen pauschalisiert werden. Die Quellensteuer hätte damit lediglich die Funktion einer Sicher­stellungssteuer. Den gleichen Effekt kann die steuerpflichtige Person erreichen, wenn sie bei der Steuerverwaltung Einzahlungsscheine für monatliche Ratenzahlungen verlangt. Ob eine Quellenbesteuerung in Zu­kunft in der Schweiz eingeführt wird, ist durch den Bundesgesetzgeber festzulegen. Hier ist zu erwähnen, dass der Kanton Neuenburg mit einer in diese Richtung zielenden Standesinitiative vorzustossen versucht hat.


BL: Ein Steuerabzug vom Lohn im Sinne einer definitiven Abgeltung wäre an sich be­grüssenswert – aber nur, wenn damit eine Entlastung sowohl bei unserer Kundschaft als auch bei den Steuerbehörden erreicht würde. Dafür ist die Zeit wohl noch nicht reif. Solange unser Steuersystem relativ kom­pliziert ist und so viele Abzüge und Ausnah­men kennt, würde jeder Lohnabzug lediglich zu einer Steuervorauszahlung führen. Die definitive Steuerschuld müsste immer noch im Veranlagungsverfahren festgesetzt und zu viel bezahlte Steuern müssten zurückerstat­tet oder zu wenig abgezogene nachbezahlt werden. Voraussetzung für ein umfassendes Quellensteuersystem ist daher eine vorgängige Vereinfachung des Steuersystems. Das hat wohl auch der Ständerat erkannt, als er in der letzten Wintersession die Standesini­tiative zur Einführung der Quellensteuer des Kantons Neuenburg abgelehnt hat.


Lukratives Zinsdifferenzgeschäft


Die Steuerzahler wundern sich oft, weshalb die Verzugszinsen für verspätete Steuerzahlungen so hoch sein müssen. Im Moment werden rund vier bis fünf Prozent belastet. Das ist im interkantonalen Vergleich und angesichts des niedrigen allgemeinen Zinsniveaus relativ hoch. Die Zinsgutschriften für Vorauszahlungen sind mit rund einem Prozent viel niedriger. Wird daran gedacht, den Abstand ein wenig zu verringern? Zinsgeschäfte gehören ja nicht zu den klassischen Aufgaben des Staates.


BL: Bei uns werden die Vergütungs- und die Verzugszinsen durch den Regierungs­rat auf Vorschlag der Finanzverwaltung festgesetzt. Dabei werden die Kosten für die Sicherstellung der Liquidität für den Kanton, die prognostizierte Zinsentwicklung, die Zinssätze für Spar- und Privat­konten und selbstverständlich auch der Anreiz für die Steuerzahler berücksichtigt.

BS: Unsere Verzugszinsen von 4% und Ver­gütungszinsen von 1% für das Jahr 2011 wurden Ende 2010 durch den Regierungs­rat festgelegt. Die Differenz ist gering, wenn man sie mit den Konditionen bei Kreditinstituten oder Privaten vergleicht. Sie soll ein Anreiz sein, die Steuern pünkt­lich zu zahlen. Je nach Entwicklung der Zinssituation in 2011 werden die Zinssätze für 2012 angepasst.