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In gutem gegenseitigem Einvernehmen:
unsere beiden Gesprächspartner. Stephan Stauber, Leiter Steuerverwaltung
Basel-Stadt (links) und Peter B. Nefzger, Leiter Steuerverwaltung
Basel-Landschaft.
Treuhand-Kammer: Im Dotcom-Zeitalter
werden immer mehr Dinge des täglichen Lebens am Bildschirm erledigt. Im
Ausland sind elektronische Steuererklärungen gang und gäbe. Und auch
einige Kantone haben sie schon eingeführt. In den beiden Basel kann man
die Deklarationsformulare seit längerer Zeit elektronisch ausfüllen.
Dann muss man sie aber ausdrucken und im dicken Couvert per Post
einreichen. Wann wird ein Mausklick reichen?
Stephan Stauber
Steuerverwaltung Basel-Stadt:
Die elektronische Einreichung der Steuererklärung ist auf 2012 oder 2013
geplant. Da die Zertifizierung der elektronischen Unterschrift aber nach
wie vor sehr teuer ist und wir aus rechtlichen Gründen eine Unterschrift
der Steuerpflichtigen brauchen, wird es trotz der elektronischen
Einreichung erforderlich sein, die E-Version mit einem
Unterschriftenblatt zu bestätigen und zusammen mit den notwendigen
Belegen per Post zu schicken.
Und im Kanton Baselland? Wie steht es dort mit dem E-Government?
Peter B. Nefzger
Steuerverwaltung Basel-Landschaft:
Wir haben erst kürzlich die E-Rechnung eingeführt. Sie steht den
natürlichen Personen als neue Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung. Damit
werden Steuerrechnungen schnell und zuverlässig elektronisch zugestellt
und man kann sie mit wenigen Mausklicks bezahlen. Näheres findet man
unter www.erechnung.bl.ch.
Mahnungen und andere Korrespondenz werden aber weiterhin per Post
zugestellt. Ebenso sind Einsprachen gegen Veranlagungsverfügungen
immer noch schrift- lich per Post bei der Steuerverwaltung einzureichen.
Als Nächstes werden diesen Frühling die E-Fristen eingeführt und für
2012 ist die Lancierung der E-Steuererklärung geplant. Wir rüsten uns
also für das elektronische Zeitalter.
Erleichterungen für den Steuerzahler
Sind im Sektor Kundenpflege weitere organisatorische Neuerungen in
Vorbereitung? Erleichterungen, von denen sich der geplagte Steuerzahler
erhoffen kann, dass sie die oft als Stress empfundene Abwicklung der
jährlichen Steuerangelegenheiten ein wenig geschmeidiger und bequemer
machen?
BL: Obwohl es bei den doch ziemlich komplexen Regelungen des
Steuergesetzes nicht einfach ist, die jährlichen Steuerangelegenheiten
bequem zu gestalten, suchen wir stets nach solchen Möglichkeiten. Neben
den erwähnten elektronischen Neuerungen haben wir die Fristenregelung
kundenfreundlicher gestaltet. Ab 2011 gilt für Selbständigerwerbende
eine bis 30. Juni verlängerte Einreichungsfrist. Zudem sind die
Fristerstreckungen neu geregelt. Die ersten Verlängerungen um bis zu
zwei Monate werden stillschweigend gewährt. Dafür sind also keine
Gesuche mehr einzureichen; sie werden auch nicht bearbeitet oder
bestätigt.
BS: Unsere Baltax-Software für das elektronische Ausfüllen der
Steuererklärung wird laufend verbessert, um den Anwendern die Arbeit zu
erleichtern. Als Nächstes wird die Möglichkeit der elektronischen
Fristverlängerung eingeführt. Geprüft wird zudem die elektronische
Bezahlung der Steuern.
Steueramnestie wirft keine grossen Wellen
Ab 2010 gelten in der ganzen Schweiz die Regelungen der «kleinen
Steueramnestie» für die straflose Selbstanzeige. Wer bisher dies oder
jenes vor dem Fiskus versteckt hat, kann neuerdings – wenn auch nur
einmal im Leben – ohne eine Busse zahlen zu müssen, die Sache ins Lot
bringen, indem er die Steuerverwaltung kontaktiert und die unbezahlt
gebliebenen Steuern samt Verzugszinsen nachzahlt. Wie populär ist diese
Möglichkeit und wie hoch ist derzeit der steuerliche Mehrertrag aus den
Selbstanzeigen?
BL: Bis Ende Januar 2011 sind 370 straflose Selbstanzeigen
eingegangen. Mehr als 180 Fälle sind bereits erledigt: Es wurden
Vermögenswerte mit einem Volumen von über 56 Mio. Franken
nachdeklariert. Das ergab bei der Staatssteuer einen einmaligen
zusätzlichen Ertrag von rund 3,4 Mio. Franken. Hinzu kommen die
Gemeinde- und Bundessteuern. Wir schätzen den nachhaltigen Ertrag
aufgrund der bisher abgerechneten Fälle auf weniger als 1 Mio. Franken
pro Jahr. Eine verlässliche Prognose der künftigen Entwicklung ist
schwierig. Kommen noch Selbstanzeigen mit grossen Vermögen hinzu? Oder
flaut das Ganze ab? Wir wissen es nicht. Aufgrund der bisherigen
Volumina wäre es sicher übertrieben, die kleine Steueramnestie bei uns
als eine Riesensache zu deuten. Das spricht vielleicht aber auch für die
Steuermoral in unserem Kanton.
BS: In 2010 haben rund 300 Personen eine straflose Selbstanzeige
eingereicht, was zu Steuereinnahmen von rund 11 Mio. Franken geführt
hat. Zurzeit ist noch völlig ungewiss, ob der Trend der Selbstanzeigen
auch in Zukunft andauern wird.
Pauschalierte Berufskosten?
Der grösste Teil der Steuerpflichtigen sind Lohnempfänger. Bei ihnen
stellen sich immer wieder knifflige Fragen der steuerlichen
Abziehbarkeit einzelner Berufskosten: des Transports zur Arbeitsstätte,
der auswärtigen Verpflegung, der berufsbedingten Weiterbildung, des
häuslichen Arbeitszimmers usw. Der Kanton Basel-Stadt hat vor drei
Jahren eine umfassende Berufskostenpauschale von 4000 Franken
eingeführt. Wer etwas anderes durchsetzen will, bereitet sich besser auf
grössere Auseinandersetzungen mit der Steuerverwaltung vor. Was sind die
bisherigen Erfahrungen mit dieser Pauschale?
BS: Die Pauschale hat sich auf Kantonsebene bewährt, weil sie
das Ausfüllen und Kontrollieren der Steuererklärung erleichtert. Für
die direkte Bundessteuer müssen die Berufskosten nach wie vor mit dem
Formular Berufsauslagen geltend gemacht werden. Der Nachweis von höheren
effektiven Berufsauslagen bleibt aber beim Kanton nach wie vor möglich
und führt zu keinen grösseren Auseinandersetzungen, wenn die
erforderlichen Belege eingereicht werden.
Wird im Kanton Baselland etwas Ähnliches erwogen?
BL: Im Januar hat der Landrat einen Gegenvorschlag zur
Verfassungsinitiative «Einfachere Steuern im Baselbiet» beschlossen.
Dieser verlangt, dass das Steuergesetz einfach, leicht verständlich und
nachvollziehbar auszugestalten ist und das Ausfüllen der Steuererklärung
wenig Zeit und ihre Überprüfung wenig Kontrollaufwand erfordert. Ich
bezweifle nicht, dass dieser Auftrag vom Volk angenommen wird. Es wird
dann Aufgabe der Steuerverwaltung sein, das Vereinfachungspotential in
der Baselbieter Steuergesetzgebung auszuloten und dem Regierungsrat
Vorschläge zu unterbreiten. Welche Pauschalen oder Massnahmen zur
Vereinfachung letztendlich eingeführt werden, wird anschliessend im
Gesetzgebungsverfahren entschieden werden müssen.
Steuer-Mathematik
Früher ist es weltweit üblich gewesen, bei der Einkommenssteuer mit
progressiven Steuertarifen zu arbeiten nach dem Prinzip «je höher das
Einkommen, desto höher der Steuersatz». Das hat zu komplizierten Tarif-
Formeln geführt. Kaum jemand hat noch genau sagen können, wie viel
Prozent seines Einkommens er an den Fiskus abliefern muss. Der neue
internationale Trend ist die so genannte Flat Rate Tax: Für alle gilt
ein einziger linearer Steuersatz, der leicht im Kopf behalten werden
kann. Sozialpolitisch gebotene Abstufungen der Steuerlast werden bei
unteren Einkommensschichten über Sozialabzüge erwirkt. Der Kanton
Basel-Stadt geht in diese Richtung und kennt seit drei Jahren nur noch
zwei Steuersätze. Ist abzusehen, dass es in Zukunft sogar ein einziger
sein könnte?
BS: Die mit der Steuergesetzrevision 2008 eingeführten zwei
Steuersätze mit der Befreiung des Existenzminimums haben sich bewährt.
Zwei Sätze sind sinnvoll, damit die Verfassungsvorgabe der Besteuerung
nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfüllt werden kann. Ein
Wechsel zu einem Einheitssatz steht zurzeit nicht zur Diskussion.
Gibt es Anhaltspunkte, dass auch der Kanton Baselland diesem Trend
folgen könnte? Dort gibt es ja die Besonderheit, dass die Tarif-Formel
im Steuergesetz eine logarithmische Funktion ist (logarithmus naturalis).
Die Formel liefert eine höchst elegante Tarifkurve. Allerdings: Wer
nicht stark in Mathe ist, muss wahrscheinlich einen Gymnasiasten
konsultieren, wenn kontrolliert werden soll, ob die Steuerrechnung
gesetzeskonform ist. Gibt es damit in der Praxis irgendwelche
Schwierigkeiten?
BL: Wir haben mit unserem Tarif, wie er im Steuergesetz
abgebildet ist, keine Schwierigkeiten. Warum? Einerseits werden unsere
Kunden jährlich mit einer Tabelle mit Steuerbeträgen bedient und
andererseits lassen sich geschuldete Steuern leicht mit unserer
EasyTax-Software oder dem Steuerrechner auf unserer Homepage berechnen.
Hinzu kommt, dass selbst der geübte Gymnasiast durch Anwendung der
logarithmischen Tarif-Formel noch nicht zum richtigen Resultat gelangt.
Er müsste nämlich berücksichtigen, dass wir den Steuertarif jährlich der
Teuerung anpassen und so die kalte Progression ausgleichen.
Chance für duale Systeme?
Es gibt einen weiteren globalen Trend in der Einkommensbesteuerung:
Das gesamte Einkommen (aus welcher Quelle auch immer) wird nicht mehr
in einen gemeinsamen Topf geworfen. Vielmehr werden zum Beispiel die
Vermögenserträge separat besteuert zu einem speziellen Steuersatz. Das
nennt sich Dual System und wird in Skandinavien, Holland, Deutschland,
Österreich und vielen anderen Ländern praktiziert. In der Schweiz geht
der Kanton Nidwalden bereits ein wenig in diese Richtung, indem er
Erträge aus beweglichem Vermögen bloss zu 80% anrechnet. Werden
derartige Modelle auch schon in den beiden Basel diskutiert?
BL: Wir verfolgen die Entwicklungen mit grosser Aufmerksamkeit
und diskutieren hin und wieder auch alternative Modelle. Allerdings ist
hier das Steuerharmonisierungsgesetz (StHG) zu beachten. Solange es vom
Bundesgesetzgeber nicht geändert wird und nicht die Voraussetzungen für
ein neues Steuersystem geschaffen werden, ist auf kantonaler Ebene kein
grosser Wurf möglich.
BS: Aus unserer Perspektive sieht es ähnlich aus. Eine duale
Besteuerung gewisser Einkünfte würde gegen das StHG verstossen, weshalb
sie ohne Änderung des Rahmengesetzes durch den Bundesgesetzgeber zurzeit
kein Thema ist. Zu erwarten ist, dass das Bundesgericht bei einer Klage
gegen die duale Besteuerung die StHG-widrige Norm aufheben würde.
Pro und kontra Quellenbesteuerung
Wird allgemein über einen vermehrten Einsatz der Quellenbesteuerung
nachgedacht? Manche Leute wären vielleicht froh, wenn der Arbeitgeber
bei der Lohnauszahlung neben den AHV-Beiträgen auch schon etwas für die
Einkommenssteuer abziehen würde. So liessen sich die Steuerpflichten zum
grössten Teil laufend erledigen und man müsste nicht im Nachhinein aufs
Mal einen Riesenbetrag zahlen. Wahrscheinlich wäre auch der Fiskus froh
um laufende Geldeingänge.
BS: Das StHG verlangt für die ordentliche Besteuerung die
Selbstdeklaration des gesamten Einkommens und sieht die
Quellenbesteuerung nur für besondere Fälle vor. Eine Quellenbesteuerung
würde die steuerpflichtigen Personen nicht davon entbinden,
nachträglich eine Steuererklärung einzureichen, damit den individuellen
Verhältnissen Rechnung getragen werden kann, denn die
Quellensteuertarife müssen pauschalisiert werden. Die Quellensteuer
hätte damit lediglich die Funktion einer Sicherstellungssteuer. Den
gleichen Effekt kann die steuerpflichtige Person erreichen, wenn sie bei
der Steuerverwaltung Einzahlungsscheine für monatliche Ratenzahlungen
verlangt. Ob eine Quellenbesteuerung in Zukunft in der Schweiz
eingeführt wird, ist durch den Bundesgesetzgeber festzulegen. Hier ist
zu erwähnen, dass der Kanton Neuenburg mit einer in diese Richtung
zielenden Standesinitiative vorzustossen versucht hat.
BL: Ein Steuerabzug vom Lohn im Sinne einer definitiven Abgeltung
wäre an sich begrüssenswert – aber nur, wenn damit eine Entlastung
sowohl bei unserer Kundschaft als auch bei den Steuerbehörden erreicht
würde. Dafür ist die Zeit wohl noch nicht reif. Solange unser
Steuersystem relativ kompliziert ist und so viele Abzüge und Ausnahmen
kennt, würde jeder Lohnabzug lediglich zu einer Steuervorauszahlung
führen. Die definitive Steuerschuld müsste immer noch im
Veranlagungsverfahren festgesetzt und zu viel bezahlte Steuern müssten
zurückerstattet oder zu wenig abgezogene nachbezahlt werden.
Voraussetzung für ein umfassendes Quellensteuersystem ist daher eine
vorgängige Vereinfachung des Steuersystems. Das hat wohl auch der
Ständerat erkannt, als er in der letzten Wintersession die
Standesinitiative zur Einführung der Quellensteuer des Kantons
Neuenburg abgelehnt hat.
Lukratives Zinsdifferenzgeschäft
Die Steuerzahler wundern sich oft, weshalb die Verzugszinsen für
verspätete Steuerzahlungen so hoch sein müssen. Im Moment werden rund
vier bis fünf Prozent belastet. Das ist im interkantonalen Vergleich und
angesichts des niedrigen allgemeinen Zinsniveaus relativ hoch. Die
Zinsgutschriften für Vorauszahlungen sind mit rund einem Prozent viel
niedriger. Wird daran gedacht, den Abstand ein wenig zu verringern?
Zinsgeschäfte gehören ja nicht zu den klassischen Aufgaben des Staates.
BL: Bei uns werden die Vergütungs- und die Verzugszinsen durch
den Regierungsrat auf Vorschlag der Finanzverwaltung festgesetzt. Dabei
werden die Kosten für die Sicherstellung der Liquidität für den Kanton,
die prognostizierte Zinsentwicklung, die Zinssätze für Spar- und
Privatkonten und selbstverständlich auch der Anreiz für die
Steuerzahler berücksichtigt.
BS: Unsere Verzugszinsen von 4% und Vergütungszinsen von 1% für
das Jahr 2011 wurden Ende 2010 durch den Regierungsrat festgelegt. Die
Differenz ist gering, wenn man sie mit den Konditionen bei
Kreditinstituten oder Privaten vergleicht. Sie soll ein Anreiz sein, die
Steuern pünktlich zu zahlen. Je nach Entwicklung der Zinssituation in
2011 werden die Zinssätze für 2012 angepasst. |
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