Region Basel / Themen 2008
  
 

                                           Home  | Revision Steuern  |  Rechnungslegung  | Vorsorge | Archiv | Treuhand-Kammer



 

Daniel Kern

Dipl. Wirtschaftsprüfer /
lic. rer. pol.Bereichsleiter Wirtschaftsprüfung Basel
BDO Visura, Basel

E-Mail:
daniel.kern@bdo.ch

 

 

 

    

 

Zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts

Revisionsgesellschaft mit beschränkter Haftung?

Der Bundesrat schlägt in seiner Botschaft zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrecht vor, die Haftung der Revisionsstelle neu zu beschränken. Die Solidarhaftung soll durch eine verschuldensabhängige Haftung ersetzt werden. Der Beitrag erläutert die Zusammenhänge und zeigt die Beweggründe des Bundesrates auf.

 
     
 

Diverse Bilanzskandale haben den Ruf nach Haftung der Verantwortlichen deutlich erklingen lassen. Nicht selten ist auch die Revisionsstelle in die  Kritik geraten. Um so mehr mag deshalb die geplante Haftungsbegrenzung in der bundesrätlichen Botschaft zum Gesetzesentwurf zum Aktien- und Rechnungslegungsrecht erstaunen. Im europäischen Umland ist diese allerdings bereits Tatsache. Dort ist die Revisionshaftung schon jetzt auf bestimmte – wenn auch hohe – Beträge limitiert. Es stellt sich also die Frage: Weshalb nicht auch eine Haftungsbeschränkung in der Schweiz?

Unterschiedliche Aufgaben und Verantwortung

Die Revisionsstelle ist in der Schweiz ein Gesellschaftsorgan, wie der Verwaltungsrat auch, sie gilt aber als ein untergeordnetes (subsidiäres) Organ, denn ihre Aufgaben und letztlich auch ihre Verantwortung sind anders gelagert als diejenigen des Verwaltungsrates. Die Revisionsstelle erfüllt mehrheitlich Kontrollaufgaben, d.h. sie kann Fehler aufdecken oder einen verursachten Schaden allenfalls beschränken, nicht aber die Entstehung des Schadens grundsätzlich verhindern. Es erscheint also nur gerecht, dass primär die Geschäftsführungsorgane für Schäden aufkommen, die sie in ihrer (Un-)Tätigkeit schuldhaft verursacht haben. Nicht nachvollziehbar wäre, weshalb die Revisionsstelle – wie unter bisherigem Recht – weiterhin unbeschränkt solidarisch mithaften soll.

Schwächen bei der Solidarität

Bei unbeschränkter Solidarhaftung kann der Kläger von einer beliebigen solidarisch haftenden Person den vollen geschuldeten Betrag ungeachtet der Verschuldensfrage einfordern. Nun sind in der Regel insbesondere grössere Revisionsunternehmen solventer als Einzelmitglieder des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung. Ein starker Anreiz also, in erster Instanz die Revisionsstelle belangen zu wollen. Die Schadenssummen können mittlerweile so hoch sein, dass sie selbst für grosse Revisionsunternehmen existenzbedrohend sind, wie das Beispiel Arthur Anderson eindrücklich bewiesen hat. Die Revisionsfirma stellte 2002 ihre Tätigkeit ein, nachdem sie in den Enron-Konkurs verwickelt wurde. Üblicherweise verfügen Revisionsgesellschaften über Haftpflichtversicherungen. Kein Problem also – mag sich der Leser denken. Nur Risikoschutz für Vermögensschäden kostet Geld; viel Geld! Wer anderseits das Risiko selbst trägt, über dem schwebt das Damoklesschwert, auch bei verhältnismässig geringem Verschulden voll in die Haftung genommen zu werden. Diese Situation erschwert insbesondere kleineren Revisionsgesellschaften die Existenz und bedroht damit mittelfristig einen funktionsfähigen Markt für Revisionsdienstleistungen.

Qualitätssicherung als Stolperstein

Mitglieder der Treuhand-Kammer haben sich schon seit langem freiwillig standesrechtlichen Normen unterstellt. Was in der Absicht einer standesinternen Qualitätssicherung geschah, kann  sich im Kontext der Verantwortlichkeitsverfahren als Stolperstein entpuppen. Aufgrund der hohen standesrechtlichen Normdichte dürfte es allgemein viel einfacher sein, der Revisionsstelle bereits geringe Verletzungen der Sorgfaltspflicht nachzuweisen. Beim Verwaltungsrat bzw. der Geschäftleistung dürfte dies erheblich schwerer fallen. Dies kann nicht die Idee sein.

Verschuldensgerechte Haftung

Ist die geplante gesetzliche Neuregelung also ein Freibrief für die Revisionsstelle? Mitnichten! Die Revisionsstelle haftet nach wie vor betragsmässig unbeschränkt, jedoch nur noch für eigenes Verschulden. Damit geht der Schweizer Gesetzgeber – im europäischen Vergleich – weiter, indem er bewusst keine absolute Haftungslimite vorsieht. Gleichzeitig passt er die Haftung der Verantwortung an. Somit hat die Revisionsstelle noch für den Schaden einzustehen, den sie zu verantworten hat.

Richtige Weichenstellung

Mit der geplanten Begrenzung der Revisionshaftung erhält das Prinzip der verursachergerechten Verantwortung wieder seine Bedeutung zurück. Leider stand in den letzten Jahren immer mehr die Zahlungsfähigkeit und nicht die Verschuldensfrage bei Klagen im Vordergrund. Mit seiner Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts hat der Bundesrat die richtigen Signale ausgesandt und damit die Bedeutung einer guten und ganzheitlichen Führung (Corporate Governance) bewusst betont. Bleibt abzuwarten, wie die Gerichtspraxis diese Änderung in der Rechtsprechung aufnimmt.