Matthias Heller ist erfreut
über das Geschäftsergebnis seiner Heller AG mit Domizil in Reinach.
Gemäss der vom Treuhänder erstellten Jahresrechnung resultiert nach
Abschlussbuchungen ein provisorischer Gewinn vor Steuern von 120'000
Franken. Sein Treuhänder erklärt, dass die steuerrechtlich, maximal
zulässigen stillen Reserven bereits gebildet worden seien. Um Steuern
auf Stufe der Gesellschaft zu sparen, empfiehlt er deshalb, ein
zusätzliches Salär in der Höhe von 100'000 Franken zuzüglich
Sozialleistungen zu buchen. Mattias Heller erklärt sich mit dieser
Massnahme einverstanden und lässt sich das zusätzliche Salär seinem
Aktionärsdarlehen bei der Gesellschaft gutschreiben. Das ordentliche
Salär von insgesamt 120'000 Franken ist ihm im Laufe des Geschäftsjahres
ausbezahlt worden.
Zwischen Steuerschraube
und Kreditfalle
Die von der Revisionsstelle geprüfte Jahresrechnung mit einem Gewinn von
nunmehr bloss noch 3000 Franken stellt er seiner Hausbank zu.
Gleichzeitig beantragt er, die Kontokorrent- Kreditlimite zu erhöhen. Er
macht geltend, dass sich der Umsatz der Unternehmung erfreulich
ausgeweitet habe.
Bei der nachfolgenden
Besprechung zeigt sich der zuständige Betreuer der Hausbank allerdings
wenig erbaut über die Ertragslage der Unternehmung. Er weist darauf hin,
dass der Umsatz zwar gesteigert werden konnte, hingegen die Ertragskraft
nicht mit dem Umsatzwachstum Schritt gehalten habe. Vor diesem
Hintergrund erachte er eine Erhöhung der Kreditlimite als nicht
opportun.
Heller macht geltend, dass
die Gesellschaft die maximal zulässigen stillen Reserven dotiert und er
ein zusätzliches Salär in der Höhe von netto 100'000 Franken bezogen
habe. Auf die Frage des Betreuers, in welchem Umfange denn die stillen
Reserven gegenüber dem Vorjahr zugenommen hätten, kann er allerdings
keine Auskunft geben. Ebenso wenig vermag er die Argumentation des
Betreuers zu entkräften, dass der zusätzliche Lohnbezug für die
Beurteilung der Ertragslage nicht relevant sei. Matthias Heller ist
enttäuscht über das Geschäftsgebaren seiner Hausbank und fragt sich, ob
sein Treuhänder ihm mit der Beratung einen Bärendienst erwiesen habe.
Was ist schief gelaufen im Zusammenhang mit der Abschlussgestaltung und
der nachfolgenden Besprechung mit der Hausbank?
Die Bank auf der Seite
des Fiskus?
Die Abschlussgestaltung der Jahresrechnung steht in einem permanenten
Zielkonflikt zwischen der von den Banken gewünschten Transparenz und dem
Interesse des Unternehmers, den Fiskus nicht übergebührlich am Erfolg
partizipieren zu lassen.
Eine Bank stützt sich bei
ihrer Beurteilung der Finanz- und Ertragslage einer Unternehmung primär
auf die testierte Jahresrechnung ab. Steuerlich motivierte Massnahmen
sind daher meist nicht aus der Jahresrechnung ersichtlich. Die Bank ist
somit auf zusätzliche Informationen angewiesen. Es empfiehlt sich daher,
diese Informationen bereits für das Bankgespräch aufzubereiten. Das
zusätzliche Zahlenmaterial sollte in einer strukturierten Form
präsentiert werden, die von Jahr zu Jahr unverändert bleibt und somit
einen Nachvollzug über eine längere Zeitperiode ermöglicht. Die
Informationen über die stillen Reserven sollten insbesondere auch
Angaben über die Bewertungsgrundsätze der Unternehmung enthalten.
Vorzugsweise werden die Informationen durch die Revisionsstelle oder
einen unabhängigen Treuhänder bestätigt. Damit wird die Chance erhöht,
dass die nicht aus der Jahresrechnung ersichtlichen Informationen
gleichwohl angemessen für die Beurteilung der Finanz- und Ertragslage
einfliessen.
Zu überlegen wäre überdies,
ob nicht auch die Banken einen Beitrag zur gewünschten Transparenz
leisten könnten. Beispielsweise dadurch, dass sie in einer
standardisierten Form zusätzliche Angaben von den Unternehmungen
einverlangen würden.
Im Weiteren müsste auf
politischer Ebene eine Diskussion darüber geführt werden, ob die heutige
Steuergesetzgebung dazu geeignet ist, dass Unternehmungen ihre
erarbeiteten Gewinne in angemessener Weise in den Jahresrechnungen
ausweisen. Immerhin lässt eine von der Eidg. Steuerverwaltung erstellte
Statistik vermuten, dass dies nicht der Fall sein dürfte, denn rund drei
Viertel aller Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter
Haftung weisen keinen oder keinen substanziellen Gewinn aus. Doch
steuerlich sinnvoll gestaltete Anreizsysteme würden gewiss dazu
beitragen, dass sich der Informationsgehalt der offiziellen
Jahresrechnungen erhöhen würde.
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